Manchmal bin ich etwas indiskret. Aber jedes Mal, wenn ich auf Leute treffe, die Eltern haben, die circa 40 Jahre älter sind als sie selbst, dann interessiert mich die gleiche Frage. Ziemlich brennend sogar. Wie hast du deine Eltern empfunden? Alt? Unmodern? Oder relaxed und erfahren? Wann ist das beste Alter zum Kinder kriegen?
Mein Mann Pierre war bei Leons Geburt 45 Jahre alt und ich bin seit sieben Jahren 29.
Also recherchiere ich im Bekanntenkreis – einfach um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie ein Kind tickt, dessen Vater beinahe schon der Opa sein kann. Ich habe nun circa 20 Leute befragt. Interessant ist, dass ich immer – aber auch immer – die gleichen Antworten erhalten habe. Es gab nicht mal eine Ausnahme. Nein, wirklich nie.
Gesprächspartner, deren Eltern noch recht cool und offen drauf waren, die sich für die Musik und die Interessen der eigenen Kinder aufrichtig interessiert haben, die auch mal verrückte Dinge begeistert mitgemacht haben, empfanden ihre Eltern nie als zu alt.
Ein Geschäftsführer, mit dem ich kürzlich als Moderatorin zusammengearbeitet habe, schien für einen Moment meine Frage, ob er seinen 43 Jahre älteren Vater als „alt“ empfunden hat, als äußerst unangebracht zu empfinden. „Wieso das denn, Elischeba?“ fragt er forsch. „Du musst meinen Vater und mich mal auf dem Tennisplatz erleben. Weder mein Kumpel noch ich können mit dem mithalten.“
Völlig anders war es bei denen, deren Eltern lieber mehr für sich gewesen sind. Mit anderen Erwachsenen zusammen. In der Welt der Erwachsenen. Die kein einziges Mal mit zum Fußballspiel des Sohnes gekommen sind, die nie gefragt haben, welcher Song das denn ist, den das Kind aktuell so mag oder die wenig mit den Kindern getobt haben. Da haben die Kinder deutlich gespürt, dass ihre Eltern einer anderen Generation angehören.
Die Phase, in denen Kinder ihre Eltern peinlich finden und sich abnabeln, die gibt es beinahe immer. Dann ist es auch egal ob die Eltern 25 oder 45 sind. Einen vierfachen Vater habe ich kürzlich gefragt, wie er es geschafft hat, dass seine Kinder in der Pubertät ein tolles Verhältnis zu ihm haben. „Loslassen, aber trotzdem Halt geben, Elischeba. Wenn du das schaffst, dann hast du viel gewonnen.“
Ich liege persönlich lediglich sechs Jahre über dem Durchschnitt für Erstgebärende – und das, obwohl es so viele Teeny Schwangerschaften gibt. Der Trend zum späten Elternsein steigt enorm – die Prominenz macht es uns vor.
Wer vorher schon eine Menge Erfahrungen sammeln konnte, einen Teil seiner Träume verwirklicht und eine feste Persönlichkeit gebildet hat, der mag sich noch besser auf sein Kind konzentrieren können. Vorteilhaft ist auch eine harmonische Partnerschaft und wenn die Eltern erst ein paar Jahre für sich alleine leben konnten.
Obwohl Leon das Beste ist, was mir je passiert ist und ich als Mama wesentlich glücklicher bin, als jemals geahnt, so bin ich froh, dass ich erst mit über 30 schwanger wurde. Wieso sollte ich ein Nachholbedürfnis bekommen?
In Kenia bin ich mit einem Walhai geschnorchelt, in Vietnam und Kaliningrad habe ich Deutschland bei einem Weltfinale vertreten, ich habe mir einen tollen Freundeskreis aufgebaut, ich habe Jobmäßig meine Berufung gefunden und ich habe von einigen Titelblättchen gelächelt. Und kann sagen: ein Kind übertrifft alles. Und doch bin ich verdammt froh, dass ich auch vorher viel erlebt habe. Das hat mich wachsen lassen.
Wer wie mein Mann Pierre mit 45 Jahren Vater wird, der erlebt ein Kind als Krönung seines spannenden und schönen Lebens. Wir haben beide das Gefühl, dass wir durch Leon wieder jünger werden. Wir werden sicher keine perfekten Eltern werden.
Aber wir nehmen uns ganz fest vor, dass wir uns für all das, was Leon tut, aufrichtig interessieren. Und das auch, wenn er leidenschaftlich auf Schalke steht, anstatt FC Bayern Fan zu werden. Oder wenn er lieber Urlaub in den Bergen wünscht, anstatt ans Meer zu fahren. Wir hoffen, dass wir es schaffen, Leon in seinen Träumen zu unterstützen und darin, seine Erfüllung im Leben zu finden. Und wie dieses Foto hier zeigt, darf Papa ja trotzdem ein paar Hoffnungen haben.
Und ganz ehrlich? Wenn ich mit Leon wild auf dem Fußboden rumtobe, dann komme ich mir wie alles vor. Wie ein verrückter Teenager, wie ein halber Junge oder selbst wie ein Kind. Aber eines niemals: wie eine Spätgebärende.
Hoffen wir mal, dass Leon das später genauso sieht.
Ein tolles Wochenende von Elischeba
Thomas
24. November 2012 at 11:13 (12 Jahren ago)hmm….ich wurde das erste mal mit 23 vater und später mit meiner neuen frau noch mal mit 47 (ungeplant) … beides hat vor und nachteile … aber ein 25 jähriger vater tobt anders als ein 47 jähriger …
Reinhard
24. November 2012 at 13:37 (12 Jahren ago)ich bin mit 27 Jahren, mitten im Studium, das erstemal Vater geworden und mit 30 zu Beginn meiner beruflichen Karriere nochmal.
Obwohl ich mich sehr über meine beiden Kinder gefreut habe, musste ich mich anfangs doch erst mal daran gewöhnen, Vater zu sein. …Die erste Zeit konnte ich deshalb nicht so richtig genießen.
Jetzt mit 45+ ist das ganz anders !! …ich bin froh dass meine Kinder gut durch die Pubertät gekommen sind, obwohl ich als Vater nicht immer (körperlich) anwesend war.
Irgendwie beneide ich Pierre, dass er die ganze Zeit mit Leon noch vor sich hat !! …und sie in vollen Zügen genießen kann.
Corina
24. November 2012 at 14:12 (12 Jahren ago)Ich wurde mit 24 zum ersten mal Mama und morgen vor einem Jahr bekam ich mit 26 meine kleine maus. Ich bin absolut glücklich über meine Lage. Meiner Meinung nach zählt nicht das Alter auf dem Ausweis, sondern das geistige Alter.
Vorteile junger Eltern ist, dass man vieles lockerer sieht und mehr nerven hat und vermutlich auch die Enkelkinder miterlebt.
Heutzutage wird man leider oft als junge Mama schräg angeschaut (ich werde oft auf 18 geschätzt). Obwohl jung Kinder zu kriegen eigentlich von der Natur vorgesehen ist. Nicht umsonst ist eine Frau mit Mitte 20 am fruchtbarsten.
Im Prinzip ist es egal wie alt man ist, solange die Basis (reife, zuhause, Mann, job, etc) stimmt. Wir Mamas sind denke ich in einer gewissen Art und weise alle gleich. Wir wollen das beste für unsere Kinder. Bei den einen passiert es früher, bei den anderen bisschen später. Wäre langweilig wenn alles nach Schema F laufen würde.
Corina
24. November 2012 at 14:15 (12 Jahren ago)Meine Mama bekam mich übrigens mit 23. Und meine Eltern sind die besten überhaupt 🙂
Binchen
24. November 2012 at 15:15 (12 Jahren ago)Elli du bleibst noch gaanz lange „29“ 🙂 schöner Artikel du bringst es genau auf den Punkt!!!
Silke
12. Januar 2013 at 20:02 (12 Jahren ago)Liebe Frau Wilde,
diesen Artikel habe ich nun das zweite Mal gelesen. Einmal alleine und einmal zusammen mit meinem Mann. Wir teilen Ihre Einstellung.
Sehr traurig und leider auch sehr ungerecht: wir sind nur unwesentlich älter als Sie und zum Adoptieren leider offiziell zu alt. Da geht gar nichts. Das macht uns richtig fertig. Und unendlich traurig. Wir haben uns ein nettes Haus gebaut, verdienen beide gut, können auch recht gut beruflich frei nehmen und könnten unserem Kind ein schönes Leben im Grünen ermöglichen.
Der Schmerz ist sehr hoch. Geniessen Sie Ihr Leben mit dem kleinen Leon. Er ist ein richtiger Sonnenschein. Wir haben auch Ihre Filme auf Youtube gesehen und finden, dass Sie eine tolle kleine Familie sind.
S und D.