Plötzlich fängt mein Herz wie wild an zu rasen. Ich packe unsere Reisepässe ein und dann fällt es mir auf: Hilfe! Ach du Schreck. Wie konnte das nur passieren?
Wir haben total vergessen, ein flugsicheres Dokument für unsere acht Monate alte Tochter zu organisieren.
Dabei waren wir mir ihr bereits in einem Nachbarland – allerdings mit dem Auto. Da wird an der Grenze nun mal nicht kontrolliert.
Leon kommt mit seinem Bobby Car angefahren und möchte wissen, ob er den Wagen neben meinem Computer parken darf. „Mama hat gerade andere Probleme“, antworte ich forsch. Im nächsten Moment tut mir das gleich wieder total leid. Was kann er für meine Schusseligkeit?
Wo rufe ich jetzt bloß an? Immerhin haben wir bereits 20 Uhr und wollen am Folgetag gegen 7 Uhr 15 zum Flughafen fahren. Am besten probiere ich es bei Germanwings – mit denen wollen wir schließlich nach Nizza fliegen. Ein sehr freundlicher Mitarbeiter gesteht mir, dass er zu viel Angst hat, was Falsches zu sagen und bittet mich darum, direkt beim Flughafen in Düsseldorf zu fragen.
Wie schön, dass ich dort sehr schnell jemanden erreiche. Eine Dame antwortet mir, dass ich am Flughafen fragen muss. Nachdem ich ihr erzähle, dass ich von dort aus zu ihr geschickt wurde, gibt sie mir den Rat, es bei der Bundespolizei am Flughafen zu versuchen.
Der nüchterne Polizeibeamte erklärt mir dann, dass es sein kann, dass meine Geburtsurkunde am nächsten Morgen am Flughafen nicht ausreichen wird. Sein Kollege würde entscheiden, ob wir ohne Pass für Emily fliegen dürfen. Er wisse nicht, wer am nächsten Tag Dienst habe und wie diese Person die Lage einschätzt.
Ich frage nach, ob es tatsächlich sein kann, dass wir mit gepackten Koffern nach Hause geschickt werden. „Umbuchen wäre noch eine Alternative“, lenkt er ein. Was für ein Mist alles! Ich bedanke mich kurz für die Info und dann verabschieden wir uns.
Nachdem ich total aufgelöst zu meinem Mann laufe – und mir meine Nerven hektisch davon galoppieren – lenkt Pierre ruhig ein.
Er würde das nicht verstehen, wieso eine Geburtsurkunde nicht ausreichen sollte. Wir entscheiden uns dafür, dass ich einfach noch mal anrufe und genauer nachfrage.
Wie kann das sein, dass eine Geburtsurkunde nicht ausreichen kann, möchte ich nun im Detail wissen.
Ganz einfach: Weil diese noch nicht beweist, dass Emily wirklich unser Kind ist. Es könnte ja auch ein anderes Baby sein. Immerhin hätten wir kein Foto in der Geburtsurkunde.
Plötzlich kommt mir ein Geistesblitz. Spontan antwortete ich ihm, dass ich auch noch ein Video aus dem Kreißsaal habe, auf dem man genau sehen kann, dass Emily zu hundert Prozent meine Tochter ist. Plötzlich muss der eher nüchterne Polizeibeamte schmunzeln. Diese Antwort hat er sicherlich zum ersten Mal gehört.
Plötzlich wird er milder in der Stimme. „Na ja,“ wenn Sie morgen nicht gerade so einen nervösen Eindruck machen wie jetzt am Telefon, dann wird es schon klappen“.
Ach Mensch, das hätte er doch auch gleich sagen können. Wir planen einen Zeitpuffer ein und fahren am nächsten Morgen so früh los, dass wir selbst ganz erstaunt sind, dass wir das als sonst unpünktliche Chaos-Familie mit zwei kleinen Kindern schaffen.
Der Weg vom Eingang zur Bundespolizei beträgt gerade mal zehn Minuten. Ein hochgewachsener Mann in Uniform steht vor mir. Hektisch fange ich an zu quasseln. Erzähle, dass der Kollege mir am Vorabend gesagt hat, dass eine Geburtsurkunde noch nicht beweist, dass Emily unsere Tochter ist.
Bevor er zu Wort kommt, packe ich Fotos aus dem Kreißsaal aus und schlage ihm vor, dass er sich unser Baby genau anschaut und erzähle, dass wir uns beim ersten Kind ganz früh um alles gekümmert haben, aber dass das Zweite manchmal (leider) so mitläuft und man da eher mal was vergisst.
Ich mache eine Atempause und er kann Feedback geben. „Viel wichtiger ist es WO Sie hinreisen. Wenn Sie zum Beispiel jetzt in die Türkei wollen, dann haben wir leider keine Chance etwas für sie zu tun“.
Als wir ihm sagen, dass wir nach Nizza fliegen möchten, da geht auf einmal alles ganz einfach. Zehn Minuten später haben wir für acht Euro einen vorläufigen Personalausweis in der Hand, der während unserer gesamten Reise gültig ist. Unser Baby hat sich kein Mensch angeschaut.
Wenig später sitzen wir im Flugzeug, schauen auf die Wolken und sind auf einmal ganz entspannt. Puh, das ist noch mal gut gegangen. Jetzt freuen wir uns auf den Urlaub.
Wo wir genau sind und was wir hier erleben, berichte ich euch später. Hier gibt es auf Facebook aber schon erste Fotos.
Bis bald wieder und sonnige Grüße aus Südfrankreich von Elischeba
Karin D.
26. Oktober 2015 at 22:15 (9 Jahren ago)ohhh das haben wir auch mal erlebt – ist zwar schon lange her, aber beim Lesen deines Artikels kamen die Erinnerungen wieder hoch … ich hatte auch ne Menge Panik, aber es hat dann auch alles gut geklappt.
Ines
2. November 2015 at 10:52 (9 Jahren ago)schöner Bericht und ich bin gerade sogar ein bisschen erleichtert, dass selbst bei dir nicht alles perfekt läuft 😉