Zugegeben, es ist ein merkwürdiges Gefühl, wenn man weiß, dass nun jeden Moment die Wehen einsetzen können. Überall und jederzeit. Bekomme ich unter der Dusche plötzlich einen Blasensprung? Muss ich mitten in der Nacht plötzlich ins Krankenhaus fahren oder passiert es tagsüber im Aldi an der Kasse?

An einem Wochenende, wenn mein Schatz mir seine starke Schulter zum Anlehnen bieten kann? Oder wenn er sich knapp 50 Kilometer von mir entfernt auf der Arbeit befindet? Mein Entbindungstermin ist zwar erst am 15. Mai 2012, aber laut dem letzten Ultraschallbefund ist mein Söhnchen Leon gemäß seinem Gewicht und seiner Körpergröße praktisch geburtsfertig. Gedreht hat er sich auch schon. Losgehen kann es nun fast täglich.

Elischebas Babybauchshooting
Fotograf: Daniel Attia

Insgesamt fühle ich mich sehr fit, positiv und ausgeglichen. Das ist schon mal schön. Allerdings reagiere ich auf viele Dinge sensibler. Bekomme ich durch einen Zufall auf einer Internetseite mit, dass ein Kind ermordet wurde, muss ich mich sofort mit etwas anderem beschäftigen.

Der Gedanke, wie ein Mensch einen Erdenbürger entfernen kann, der in einer Frau neun Monate lang gewachsen ist, der ist für mich als Schwangere unerträglich. Über das Weltgeschehen bin ich aktuell eher oberflächlich informiert – ich brauche Harmonie und positive Gespräche.

Gewalt im Fernsehen geht gar nicht. Dagegen erinnere ich mich plötzlich an einen Film, den ich als Kind geguckt habe und der mir jetzt, wo ich in wenigen Tagen einen Sohn zur Welt bringe, häufiger in Erinnerung kommt: Der kleine Lord mit Ricky Schroder aus dem Jahre 1980. Mein Schatz findet das ganz süß, als ich ihm vorschlage, ob wir uns nicht die DVD bestellen können.

Außerdem habe ich eine Liste mit Dingen erstellt, die ich vor der Geburt noch erledigen möchte: alle Fenster im Haus putzen, die Gardinen waschen, bügeln und die Belege für die Steuererklärung 2011 raus suchen. Bis dann eine Stimme in mir sagt: Stop. Auch mal hinsetzen, ausruhen und durchatmen.

Eine Freundin gibt mir am Sonntagabend bei einem Treffen mit unseren Männern ein Buch, welches mich auf die Geburt vorbereiten soll. Ich blättere darin, habe jedoch irgendwann keine Lust mehr, mich mit Komplikationen zu beschäftigen.

So genau will ich außerdem gar nicht wissen, dass ich nach der Geburt ständig Binden wechseln muss, da ich noch so viele Wochen lang blute. Also lege ich den Ratgeber auf die Seite, laufe mit meinem kugelrunden Bauch in unserer Maisonette-Wohnung eine Etage höher unters Dach und schneide folgenden Film:

ElischebaTV_064_640x360 Teguise und Umgebung

Das lenkt mich ab und macht mich nicht so irre – immerhin bin ich bei dem Gedanken, dass ich bald ein paar Tage im Krankenhaus verbringen werde, total aufgewühlt.

Als ich meinem Schatz berichte, dass ich dort beim nächsten Vorgespräch nach der Verfügbarkeit des „lila Zimmers“ fragen möchte, welches ich bei der Kreißsaalführung am 23. Februar 2012 gesehen habe, muss er lachen.

„Die denken sich garantiert, dass es dir gut geht, wenn du keine anderen Sorgen hast“, schmunzelt er. Nun – Atmosphäre ist mir eben wichtig – in einem sterilen Krankenbett kann ich nicht wirklich entspannen. Und letzteres ist auch zum Stillen sicher von Vorteil.

Eine Gänsehaut bekomme ich bei dem Gedanken, wenn ich mir vorstelle, wie mir unser Sohn Leon direkt nach der Geburt auf die Brust gelegt wird. Wow! Das ist dann unser Kind, das immer bei uns sein wird! Unglaublich. Wie wird er sich anfühlen und wie wird er aussehen? Babys haben automatisch eine große Liebe zu ihren Eltern – es liegt dann an uns, diese Liebe ein Leben lang zu erhalten.

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Ultraschallbild April 2012 – Coesfelder Krankenhaus

Gleich werde ich den letzten Geburtsvorbereitungskurs besuchen und allen anderen Müttern meine Adresse geben. Kontakte zu Mamis mit Babys in Leons Alter finde ich für die Zukunft sehr wünschenswert. Außerdem ist es vorteilhaft, wenn ich mich mit anderen austauschen kann, die in der gleichen Situation sind.

Denn ganz ehrlich – was sagt schon das Alter im Personalausweis? Wenn es ums erste Kind geht, dann fühle ich mich manchmal wie ein kleines Mädchen, dass unerwartet in eine völlig neue Situation kommt. Plötzlich Mama. Plötzlich ein neuer 24-Stunden-Job. Sicherlich werde ich da hineinwachsen. Das haben ja auch schon viele andere geschafft!

Alles Gute wünscht

Elischeba
 
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